Logopädie für Kinder und Jugendliche

Im Laufe ihrer Entwicklung lernen Kinder Stück für Stück die Sprache und das Sprechen – dabei kann es in verschiedenen Bereichen der Sprachentwicklung zu Auffälligkeiten oder Problemen kommen.
Wir unterstützen Sie und Ihr Kind mit einer individuellen logopädischen Therapie und professioneller Beratung. Informieren Sie sich hier über die unterschiedlichen Störungsbilder, die von der Geburt an bis zum Erwachsenenalter auftreten können.

Aussprachestörungen

Eine Aussprache- oder Artikulationsstörung bei Kindern wird auch Dyslalie genannt. Es kann hierbei zu Schwierigkeiten in der Lautbildung (phonetische Störung) oder Lautverwendung (phonologische Störung) kommen. Eine Kombination der Symptome ist auch möglich.

Ein Beispiel für eine phonetische Störung ist das lispeln – beim Sprechen des Lautes „s“ stößt die Zunge an oder zwischen die Zähne.
Ein Beispiel für eine phonologische Störung ist eine Vertauschung der Laute „k“ und „t“ – das Kind sagt statt „Käse“ –> „Täse“.

Aussprachestörungen sind grundsätzlich bei allen Sprachlauten möglich. Am häufigsten sind die Laute „sch“, „s“, „r“ und „k“ betroffen sowie die Konsonantenverbindungen „kr“ und „tr“. Ebenso kann es zu Auslassungen von Silben oder Wortteilen kommen, z.B. „Bume“ statt „Blume“ oder „Bane“ statt „Banane“.

Manche Fehler in der kindlichen Sprachentwicklung sind ganz normal, da Kinder nicht alle Laute auf einmal lernen, sondern Stück für Stück. In der logopädischen Diagnostik beurteilen wir, ob das Kind Auffälligkeiten zeigt, die in seinem Alter durch Logopädie unterstützt werden sollten.

Sprachentwicklungsverzögerung und -störung

Von einer Sprachentwicklungsverzögerung wird gesprochen, wenn ein Kind mit 24 Monaten weniger als 50 Wörter spricht und in den Folgemonaten im Vergleich zur Altersnorm einen geringen Wortschatz hat.
Ist das Kind in anderen Entwicklungsbereichen (z. B. Motorik, Denk- und Spielentwicklung) weitgehend altersgerecht entwickelt, nennt man es „Late Talker“. Diese Kinder kommunizieren oft mittels Geräuschen, Gestik und Mimik. Sie haben ein erhöhtes Risiko eine Sprachentwicklungsstörung zu entwickeln. Logopädisch werden wir hier beratend tätig und geben den Eltern Tipps, wie sie die Sprachentwicklung Ihres Kindes im Alltag voranbringen können.

In der logopädischen Therapie setzen wir an den Bereichen an, die für Ihr Kind individuell wichtig sind und planen eine spezifische Behandlung, um die sprachlichen Defizite gemeinsam aufzuholen.

Holt das „Late Talker“-Kind den Rückstand ab dem 36. Lebensmonat nicht auf, spricht man von einer Sprachentwicklungsstörung.
Bei Mehrsprachigkeit kann es zu Symptomen einer Sprachentwicklungsstörung kommen: bestehen die sprachlichen Einschränkungen ebenfalls in der Muttersprache, ist eine Indikation für die Logopädie gegeben. Hierbei muss beachtet werden, ab welchem Alter das Kind Kontakt zur deutschen Sprache hatte.
Bei einer Sprachentwicklungsstörung können verschiedene Bereiche folgendermaßen betroffen sein:
  • Sprachverständnis: das Kind versteht nicht alles, was zu ihm gesagt wird
  • Wortschatz: das Kind kennt nicht viele Worte und benutzt häufig Vielzweckwörter wie „Dings“ oder das Verb „machen“
  • Grammatik: Satzteile geraten durcheinander „Meine Schwester Autos spielt“, Auslassung von Satzteilen „Mann füttert Hund“, fehlerhafte Bildung der Mehrzahl „viele Vogeln“ statt „viele Vögel“, fehlerhafte Verbflexion „Die Kinder lauft“

Häufig sind Kinder mit einer Entwicklungsverzögerung oder Behinderung auch von einer Sprachentwicklungsstörung betroffen.

Myofunktionelle Störungen

Eine myofunktionelle Störung oder orofaziale Dysfunktion beschreibt eine Dysbalance der Muskulatur im Gesichts- und Mundbereich. Dabei können die Wangen-, Lippen-, Zungen- und Kaumuskulatur betroffen sein. Hierdurch kann es zu strukturellen Auffälligkeiten wie Zahnfehlstellungen mit einem offenen Biss oder Vorstehen der Schneidezähne, einem schmalen Gaumen oder Problemen beim Kauen und der Nahrungsaufnahme kommen.

Oftmals drückt die Zunge beim Schlucken nach vorn oder seitlich gegen die Zähne (viscerales Schluckmuster). Hier hilft die logopädische Therapie präventiv, während oder nach der kieferorthopädischen Behandlung, um die Muskulatur wieder ins Gleichgewicht zu bringen und den Erfolg der Zahnspange zu erhalten.

Stottern/Poltern

Als Stottern wird eine Redeflussstörung beschrieben, bei der es zu Wiederholungen „Ku-Ku-Kuchen“, Blockaden „K __ uchen“ oder Dehnungen „Kuuuuu-chen“ von Lauten, Silben oder Worten kommt. Der natürliche Sprechfluss wird durch eine neurologisch bedingte Fehlsteuerung der Sprechmotorik immer wieder unterbrochen. Bei Kindern kann es beim Sprechen zu Denkpausen kommen, die dem Stottern ähneln. In unserer Praxis führen wir zu Beginn eine Beurteilung der Quantität und Qualität der Stottersymptomatik des Kindes durch, um herauszufinden, ob eine logopädische Behandlung begonnen werden sollte.

Als Poltern wird eine Redeflussstörung beschrieben, bei der es zu einer überhasteten, ungleichmäßigen und sehr schnellen Sprechweise mit „verschlucken“ von Lauten oder Wortteilen kommt. Die Auffälligkeiten in der Sprechweise wie Satzabbrüche, Formulierungsschwierigkeiten und eine undeutliche Aussprache nehmen betroffene Personen selbst meist nicht wahr. Die Logopädie hilft durch eine Therapie der Wahrnehmungsfähigkeit und Anpassung der Sprechweise.

Auditive Verarbeitungsstörung und Lese-Rechtschreib-Störung

Die auditive Verarbeitung und Wahrnehmung umfasst das Wahrnehmen akustischer Reize sowie das Unterscheiden, Wiedererkennen und Auswerten von Höreindrücken. Eine Störung der zentralen auditiven Verarbeitung kann trotz eines gesunden Ohres und altersgerecht entwickeltem Hören auftreten – es geht rein um die Wahrnehmung und Verarbeitung des Gehörten im Gehirn. Dabei kann es zu folgenden Symptomen kommen: Unsicherheit im Richtungshören, Schwierigkeiten in der Unterscheidung ähnlich klingender Laute bspw. „m“ und „n“, Verstehen von Sprache bei lauter Umgebung und leichte Ablenkbarkeit.

Eine auditive Verarbeitungsstörung gilt als Risikofaktor einer Lese-Rechtschreib-Störung. Im Umkehrschluss bedeutet das: einer Lese-Rechtschreib-Störung kann eine auditive Verarbeitungsstörung zu Grunde liegen. In unserer Praxis führen wir eine umfassende logopädische Diagnostik der Hörwahrnehmungsfähigkeiten des Kindes durch und können somit den Einstieg in den Lese- und Schreiberwerb begleiten oder die Basisfähigkeiten für das Lesen und Schreiben aufbauen.

Lippen-Kiefer-Gaumenspalte & Rhinophonie

Bei einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte kommt es zu Fehlbildungen in einer oder mehreren der genannten Körperstrukturen. Häufig werden die Fehlbildungen schon im Säuglingsalter operativ behandelt und korrigiert. Vor oder nach der Behandlung können Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme, der Lautbildung oder der Atmung auftreten: Probleme beim Saugen, Essen und Trinken, eine raue, heisere Stimme, Auffälligkeiten in der Aussprache, verwaschenes Sprechen oder ein nasaler Stimmklang.
Auch ohne das Vorliegen einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte kann es zu einem nasalen Stimmklang, also einer Rhinophonie kommen. Entweder durch eine organische Störung wie bei einer Lähmung des Gaumensegels oder eine funktionelle Störung, d.h. eine Angewohnheit.

Hierbei gibt es zwei verschiedene Ausprägungen:

Hyponasalität – beim Sprechen entweicht zu wenig Luft durch die Nase; die Stimme klingt verschnupft und gedämpft.

Hypernasalität – beim Sprechen entweicht zu viel Luft durch die Nase; die Stimme klingt sehr hauchig und ist schwer zu verstehen. Die Logopädie unterstützt neben klassischer logopädischer Artikulationstherapie bei Lautfehlbildungen auch mit dem Erlernen einer physiologischen Sprechweise.

Kindliche Schluckstörung und Fütterstörung

Orofazialstörungen (Mundfunktionsstörungen) sind Störungen der Nahrungsaufnahme, der Verarbeitung oder dem Transport der Nahrung bei Neugeborenen, Säuglingen, Klein- und Schulkindern. Ursachen sind Störungen von Muskelkraft und –Funktion und/oder der Bewegungsabläufe im Mund- und Gesichtsbereich. Diese sind angeboren, vererbt oder erworben. Hierbei sind das Saugen, Kauen, Beißen und Schlucken erschwert.
Es bestehen evtl. Sensibilitätsprobleme (Über- oder Unterempfindlichkeit) im Mundbereich. Bestimmte Konsistenzen werden abgelehnt oder der Übergang von Breikost zur festen Nahrung ist problematisch.

Fütterstörungen oder wählerisches Essverhalten (picky eating) sind Probleme bei der Nahrungsaufnahme ohne organische Ursache bei Säuglingen, Klein- und Schulkindern. Es handelt sich um eine frühkindlichen Regulations- oder Bindungsstörung mit Nahrungsverweigerung und meist verminderter Gewichtszunahme (Gedeihstörung). Die Störung zeichnet sich durch extrem wählerisches Essverhalten mit vielen Mahlzeiten in kurzen Zeitabständen oder sehr lange dauernden Mahlzeiten aus. Die Interkation zwischen Eltern und Kind kann beeinträchtigt sein, aber vor allem entsteht ein Leidensdruck da die Ess-Situationen belastend sind.

Sehr oft haben Probleme bei der Nahrungsaufnahme sowohl Anteile einer Orofazialstörung (Mundfunktionsstörung) als auch einer Fütterstörung. Wir unterstützen die altersgerechte Entwicklung der Motorik und Sensibilität im Mundraum. Wir erarbeiten zusammen mit Ihnen eine altersgerechte Kost und helfen, die Interaktion beim Essen zwischen Ihnen und Ihrem Kind positiv zu gestalten.

Kindliche Stimmstörung

Wenn die kindliche Stimme häufig rau und heiser ist, sie teilweise ganz wegbleibt und nur wenig belastbar ist, kann es sich um eine kindliche Stimmstörung handeln. Die Stimme kann auch sehr leise, kraftlos und behaucht klingen. Oftmals räuspern und husten die Kinder mit Stimmproblemen sich gehäuft und klagen über Missempfindungen im Hals.

Es gibt organische und funktionelle Ursachen für eine kindliche Stimmstörung, bei letzteren spielen vor allem häufiges Rufen und Schreien, eine sehr hohe Sprechlautstärke und dauerhaft laute Umgebungsgeräusche eine Rolle. In der Logopädie lernen die Kinder einen schonenderen Umgang mit ihrer Stimme wobei das Umfeld unterstützend einbezogen wird.

Selektiver Mutismus

Von einem selektiven Mutismus spricht man, wenn Kinder prinzipiell altersgerecht kommunizieren und sprechen können, es jedoch in gewissen Situationen nicht tun. Beispielsweise spricht das Kind zuhause mit den Eltern ganz leicht, aber im Kindergarten spricht es kein einziges Wort. Mutistische Kinder bleiben, in Gegensatz zu schüchternen Kindern, in ihrem Schweigeverhalten und entwickeln keine Strategien zur Anpassung an die neue Situation – d.h. sie tauen nicht nach einer gewissen Eingewöhnungszeit auf.

Begleitsymptome sind häufig soziale Ängstlichkeit, Regulationsstörungen des Schlafes, sowie der Nahrungs- und Ausscheidungskontrolle. Durch die logopädische Therapie geben wir Kindern eine sichere Umgebung für das Sprechen und damit die Chance Sprache als etwas positives zu entdecken.

Hörstörungen / Cochlea Implantat

Bei einer kindlichen Hörstörung kann die Funktion des Außen-, Mittel- oder Innenohrs beeinträchtigt sein. Meist wird dies schon im frühen Kindesalter festgestellt und eine Hörgeräteversorgung veranlasst. Durch die Hörgeräteversorgung wird das Hören von Sprachlauten und damit auch der Lauterwerb müheloser möglich. Je nach Ausprägung der Hörstörung hilft die logopädische Behandlung im Bereich der Artikulation, Hörwahrnehmung und -verarbeitung oder Sprachentwicklung.

Verbale Entwicklungsdyspraxie (VED)

Liegt eine verbale Entwicklungsdyspraxie vor, kommt es zu einer Unfähigkeit (Sprech-)Bewegungen zielgerichtet zu planen, zu koordinieren und auszuführen. Dabei besteht keine Einschränkung der Kognition, der Sprachverarbeitung, des Sprachsystems oder der Sprechorgane.
Bei Kindern mit verbaler Entwicklungsdyspraxie kommt es zu unterschiedlichen Fehlern beim selben Wort, z.B. statt „Kita“ sagt es „tika“, „kika“ oder „ika“. Die Fehler folgen also keinem Muster. Bei langen Wörtern gelingt die Aussprache nicht optimal und ist verlangsamt; die Kinder verhaspeln sich. Die logopädische Therapie wird störungsspezifisch aufgebaut, je nachdem welche Laute betroffen sind. Gemeinsam erarbeiten wir mit den Kindern die korrekte Artikulation.

Autismus-Spektrum-Störung (ASS)

Bei Kindern mit Autismus-Spektrum-Störung bestehen meist grundlegende Defizite im sozialen Miteinander und der Kommunikation. Vorrangig sind hier die gestörte soziale Interaktion, Beeinträchtigung von Sprache und Kommunikation sowie stereotype Verhaltensweisen. Oftmals zeigen sich, vor allem beim frühkindlichen Autismus, Auffälligkeiten in der Sprachentwicklung: teils entwickelt sich die Sprache garnicht, teils ist sie geprägt von stereotypem Nachsprechen und Floskeln, teils ist die Sprachentwicklung verzögert.
In der Logopädie arbeiten wir mit autistischen Kindern an der Sprachanbahnung sowie der Interaktion und Kommunikation im Bezug auf den persönlichen Alltag. Dabei nutzen wir im Kompetenzzentrum Logopädie unter anderem das Konzept des Picture Exchange Communication System (PECS).

Entwicklungsverzögerungen und -störungen

Wenn in der kindlichen Entwicklung mehrere Bereiche – beispielweise Motorik, Sprache, sozial-emotionale oder kognitive Fähigkeiten – verzögert entwickelt sind, spricht man von einer kombinierten Entwicklungsverzögerung oder Entwicklungsstörung. Die Ausprägungen dieses Störungsbildes können sehr unterschiedlich ausfallen; sie sind so individuell wie die Kinder selbst.

Wenn die Sprachentwicklung ebenfalls betroffen ist, hilft eine logopädische Behandlung bei der Anbahnung von Sprache, der korrekten Artikulation, einer Erweiterung des Wortschatzes oder dem Bilden von korrekten Sätzen. Hierbei achten wir besonders darauf die weiteren verzögerten Bereiche in unsere Therapie einzubinden und somit ein ganzheitliches Lernen möglich zu machen.

Kinder mit Behinderungen

Kinder mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung zeigen häufig Auffälligkeiten in ihrer Sprachentwicklung. Je nach Ausprägung der sprachlichen Einschränkungen ist auch die Kommunikation betroffen: es gibt Kinder, die garnicht oder nur schwer verständlich sprechen können und auch Kinder, für die eine sprachliche Verständigung gut möglich ist.
In der Logopädie erheben wir die individuellen sprachlichen Symptome Ihres Kindes und planen auf dieser Grundlage eine spezifische Therapie. Dabei erörtern wir – falls notwendig – gemeinsam mit Ihnen die Möglichkeiten einer unterstützten Kommunikation (Gebärdensprache, Kommunikationstafeln, Sprachcomputer) und erstellen Therapieziele, die auf Ihren Alltag abgestimmt sind.